Filmkuratierung umdenken – Digitale Zugänge zu Europas dunklem Erbe

Präsentation von Anna Högner auf der MWW Endterm-Tagung "Digital ist besser? Sammlungsforschung im digitalen Zeitalter"

In ihrem Vortrag fragt Anna Högner danach, welche neuartigen Erschließungs- und Partizipationsszenarien für Filme und filmbezogene Sammlungen digitale Technologien eröffnen können und welche neuartigen (medien)ethischen Herausforderungen sie an sammlungsführende Institutionen stellen.

Seit mehr als einer Dekade verlagert sich auch die Arbeit von Filmarchiven und Filmmuseen zunehmend ins Digitale. Mit der Ablösung der Filmkopie auf 35 oder 16mm als Standard-Format durch das Digital Cinema Package (DCP) hat die Frage einer nachhaltigen Langzeitarchivierungsstrategie für digitalen Film und Video einen weitreichenden Transformationsprozess in Filmerbeinstitutionen eingeleitet. Neben die schon in analogen Zeiten nicht kleine, sammlungsethische Herausforderung, die akkurateste Kopie eines Films zu erkennen, zu bewahren und verfügbar zu machen, tritt jene, Maßstäbe und Richtlinien für das Scannen, die digitale Restaurierung und Erhaltung von Daten und Metadaten zu erarbeiten.

Gleichzeitig erschließt die Transposition analog gesicherter Bild- und Toninformationen ins Digitale aber auch neue Zugänge zu filmischen Sammlungen. Automatische, KI-gestützte Bild- und Textanalyse, zeitbasierte Annotationen, aber auch die semantische Verknüpfung von Daten und Metadatensätzen über Bestandsgrenzen hinaus, erschließen neue Perspektiven, lassen neue Sinnzusammenhänge zutage treten – und werfen neue Problemfelder auf.

Am Beispiel des im Rahmen des Horizon2020 Programms der Europäischen Union geförderten Projektes „Visual History of the Holocaust. Rethinking Curation in the Digital Age“ soll ein Schlaglicht auf die medienethischen, rechtlichen, technischen und kuratorischen Herausforderungen der maschinengestützten, digitalen Erschließung und Verschlagwortung analoger Filme geworfen werden. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht ein Kulturgut, das zum sensibelsten kulturellen Erbe Europas zählt: die raren filmischen Dokumente, die von alliierten Streitkräften in befreiten Konzentrationslagern sowie an anderen Stätten nationalsozialistischer Verbrechen angefertigt wurden. Erstmals werden diese Filmdokumente auf einer digitalen Plattform zentral zusammengeführt, analysiert, erschlossen und mit Fotografien, Schriftdokumenten, Oral History Interviews, aber auch mit später produzierten filmischen Werken verknüpft.

Presentation
Friday, 17.02.2023, 09:50
Friday, 17.02.2023, 10:10
(GMT+01:00) Vienna
Goethe Nationalmuseum, Frauenplan 1,
99423 Weimar, Deutschland